Road To Hanoi Marathon 28. Januar 2024 - Day 1: Ho Chi Minh City (ungeplanter Ruhetag 1)

Alle diejenigen, welche unsere Route auf dem Tracker mitverfolgen, werden festgestellt haben, dass die Startnummer 2 immer noch, resp. schon wieder in Ho Chi Minh City ist. In der Tat wurde ab ca. 40 km nach dem Start im Getriebe beim 3. 4. und 5. Gang plötzlich und zunehmend ein Geräusch hörbar, welches so nicht sein sollte und am ehesten auf einen Getriebelagerschaden hindeutete. Wir hielten an und warteten auf die Mechaniker, welche aber ausser dem Getriebeölstand prüfen auch nichts ausrichten konnten. So haben wir die Rallye vorerst abgebrochen und sind mit ca. 30 km/h zurück ins letzte Hotel nach Ho Chi Minh City gefahren. 

Im Hotel angekommen stand 30 Minuten später bereits ein von der lokalen Begleittruppe organisierter Mechniker auf dem Platz und inspizierte 'Isabella' gründlich. Via Dolmetscher habe ich erfahren, dass auch er nichts tun könne, er aber in seiner Werkstatt das Getriebe auseinander nehmen und vielleicht reparieren könne. Erneut ging es mit lokaler Begleitung 5 km durch den sehr regen Stadtverkehr, bis wir irgendwo abbogen, dann noch 200 Meter weiter über Schotterstrassen fuhren und zu dieser Werkstatt kamen.

Nun ja, der Begriff 'Werkstatt' war nun doch etwas hoch gegriffen, aber wie ich von früheren Rallyes weiss, sind genau an solchen Orten häufig die besten Mechaniker zu finden. Ohne zuerst nach der Fahrgestellnummer zu fragen wink, wurde 'Isabella' aufgebockt, halbwegs gesichert (G.B. aus W. hätte Herzrasen bekommen) und schon lagen zwei Angestellte des Chefs drunter und begannen zu schrauben. Der Chef selber sass in einem Plastikstuhl und unterhielt sich in leicht singend tönendem Vietnamesisch mit unserem dolmetschenden Begleiter. Dieser schien ihm klar zu machen, dass wir zu einer ganz speziellen ausländischen Truppe gehören würden und er jetzt den guten Ruf von Vietnam zu verteidigen hätte.

So ähnlich muss es gewesen sein, denn keine halbe Minute später verscheuchte der Chef einen der Mechaniker, legte sich unter 'Isabella' und begann zu schrauben. Tatsächlich: In weniger als einer Stunde lag das Getriebe auf dem Werkstatttisch und wer schon einmal das Getriebe von 'Isabella' ausbauen musste, weiss was das heisst!

Jetzt begann ein weiterer hinzugezogener Mechniker in Badelatschen (die anderen waren barfuss) das Getriebe auseinander zu nehmen. Ganz offensichtlich (und zum Glück!) machte er so etwas nicht zum ersten Mal. Jeder Griff sass, nichts schien zu viel und irgendwann murmelte er etwas zum Dolmetscher, welcher das Ganze für mich in Englisch übersetzte. Allerdings habe ich nicht ganz verstanden, was genau defekt war, da der Dolmetscher diverse Fachbegriffe nicht übersetzen konnte und vermutlich hat er die Erklärungen nicht mal auf vietnamesisch verstanden. Irgendeine Sicherung eines der Lager war defekt, so dass sich eine der Getriebewellen zu stark axial (oder radial?) bewegen konnte, was dann zu diesen Geräuschen geführt hat. Das Getriebe ist übrigens fast neu und hat erst 1'500 km zurückgelegt!

Offenbar habe ich auf Grund der vielen herumliegenden Getriebteile einen besorgten Gesichtausdruck gemacht, denn der Dolmetscher beeilte sich zu sagen, dass hier alle sehr kompetent seien und 'Isabella' morgen wieder laufen würde. Etwas später kam noch eine weitere junge Vietnamesin dazu, welche sich als Freundin des einen Mechanikers entpuppte und mir in radebrechendem Englisch erklärte, dass ihr Freund sehr gut im Verkehr (traffic) sei. Da auch ich nicht alle Nuancen der englischen Sprache kenne, habe ich nicht weiter nachgefragt wink ...

Um 15:00 Uhr wurde ich von einem Mitglied des lokalen Oldtimerclubs in einem Ford Mustang 1965 (6-Zylinder, geschlossen, dafür mit Klimaanlage) zurück ins Hotel gebracht. Erneut durfte ich den vietnamesischen Stadtverlker erleben, diesmal als Beifahrer.Die Unmengen der Moped-Fahrer können grob in 3 Kategorien eingeteilt werden: 

  • Kamikaze-Stufe 1: Die kennen weder Verkehrsregeln, noch können (wollen?) sie Strassen von Trottiors unterscheiden und fahren, was das Zeug hält. Rücksichtnahme ist ihnen fremd, sie quetschen sich auch dort noch durch, wo es nach europäischem Ermessen eigentlich nicht mehr möglich gewesen wäre.
  • Kamikaze-Stufe 2: Das ist die Mehrheit (häufig fahren auch 1 bis 3 Kinder mit), auch diese nutzen jede mögliche und unmögliche Lücke zum Vorwärtskommen, respektieren aber, dass die Autos stärker sind und lassen ihnen gezwungenermassen den Vortritt.
  • Kamikaze-Stufe 3: Das sind die Langsamsten unterwegs und das (Lasten-)Moped ist häufig so alt wie der Fahrer und umgekehrt. Die lassen sich durch nichts aus der Ruhe bringen (oder hören sehr schlecht) und halten sich irgendwo auf der Strasse auf.

Und doch rollt der Verkehr erstaunlich flüssig, denn jeder achtet am Schluss auf jeden. Es gibt keine Gehässigkeiten, keine schimpfenden Worte oder Gesten, welche Unmut erkennen lassen. Alle orientieren sich nur nach vorne, ganz selten blickt jemand zurück und auch nur dann, wenn der eigene Blinker nicht geht. Wer vor dir blinkt, den lässt man abbiegen oder was auch immer und der Vordermann verlässt sich darauf, dass es so ist. Wenn man das einmal geschnallt hat, ist der Verkehr gar nicht so schwierig!

Irene und ich werden jetzt versuchen, den Abend zu geniessen und haben ein klein wenig Hoffnung, dass 'Isabella' morgen wieder läuft und wir der Rallye nachfahren können. Falls nicht, werde ich in den USA ein neues Getriebe bestellen müssen und hoffen, dass es innert nützlicher Frist ankommt.

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Kommentare

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Regina 28.01.2024 20:10

🙏🙏🙏

Dubs Beat 28.01.2024 12:47

Lieber Mäni, libe Irene,
Oh jeh, würde man sagen, rein statistisch gesehen musste ja so etwas einmal passieren und ich bin sicher, dass Du Mäni auch diese Unbill meistern wirst und ihr den Tross später von hinten aufrollt.
Wir drücken Euch jedenfalls alle Daumen, dass Ihr schon bald auf dem Tracker wieder bei den anderen zu sehen seid. Liebe Grüsse und ToiToiToi