Lima to Cape Horn 22. Oktober 2022 - Day 1: Lima to Paracas (285 km)

Auch heute bin ich früh aufgewacht und habe mich sogleich aufgemacht um 'Luigi' aus der Tiefgarage zu holen und vor dem Hotel zu parkieren. Allerdings war ich nicht der einzige mit dieser Idee und so gab es ein ziemliches Gerangel vor dem Hotel. Das lag aber in erster Linie am Hotelpersonal, welches in zahlreicher Erscheinung versuchte, uns auf die Parkplätze und Trottoirs zu lotsen. Meist winkte der Mann hinter dem Fahrzeug anders als der Mann vor dem Fahrzeug. Trotzdem konnten wir alle pünktlich Richtung Paracas starten.

An die peruanischen Verkehrsregeln kann man sich schnell gewöhnen. Auf den 4 bis 6-spurigen Schnellstrassen gilt das Recht des Stärkeren (auch in den Städten). Ein Rechtsfahrgebot gibt es nicht, resp. ist mir nicht aufgefallen. So fahren auf allen Spuren alle Arten von Fahrzeugen mit allen möglichen Geschwindigkeiten. Wer schneller vorwärts kommen will, muss sich demzufolge in Schlangenlinien durch die Spuren vorkämpfen (inkl. Pannenstreifen). Beim leisesten Versuch, einen europäisch gewohnten Sicherheitsabstand zum Vordermann herzustellen, wird gnadenlos genutzt, sich dazwischen zu quetschen. Alle Fahrzeuge sind zwar mit Blinkern ausgestattet, aber nur eine ganz kleine Minderheit scheint zu funktionieren. Interessanterweise klappt dieser Fahrstil recht gut und ohne Gehupe, was sicher auch damit zusammenhängt, dass man maximal 100 km/h fahren darf. Auf jeden Fall bin ich nicht zum Verkehrshindernis geworden, im Gegenteil, ich kam zügig voran.

Die erste Sonderprüfung - ein Rundstreckenkurs - bin ich zu Beginn recht gemächlich angegangen. Leider lag auch keine grosse Steigerung drin, denn die grobstolligen Winterreifen mögen zwar in Sand und Schee gut sein, aber in den Asphalt-Kurven bricht 'Luigi' schnell aber gutmütig aus. Anderen 'Vorkrieglern' ging es auch nicht viel besser, vielleicht war der Belag der Kartstrecke einfach nicht für unser altes Blech geeignet (oder umgekehrt).

Die Zeitvorgaben sind recht sportlich gesetzt, Trödeln liegt nicht drin und Verfahren schon gar nicht. Die von mir im Vorfeld montierten Hilfseinrichtungen für die Aufnahme von Roadbook und Geräten haben sich bis jetzt bestens bewährt und das Navigieren ging alleine problemlos. Aber man muss schon konzentriert bleiben, vor allem bei langen Autobahnabschnitten, wo während Kilometeren nichts läuft.

Die gestern auf einer Speicherkarte erhaltenen 901 Wegpunkte sind zwar schön und gut, aber mühsam zum Navigieren, weil man jeden Punkt einzeln aufrufen und ansteuern muss. Zum Glück habe ich mein Notebook dabei und so konnte ich alle diese Wegpunkte in die Software BaseCamp übernehmen und Tagesrouten erstellen (man könnte das auch auf dem Navi selber machen, aber das ist ziemlich mühsam). Jetzt muss ich am Morgen nur einmal die richtige Tagesroute wählen und die entsprechenden Wegpunkte werden automatisch geladen und angezeigt. Für mich als Solofahrer ist das eine echte Erleichterung.

Auf jeden Fall ging alles gut und ich kam zusammen mit zwei anderen Fahrzeugen als erste Gruppe bereits um 12:00 Uhr im Hotel an. Das Wetter war den ganzen Tag neblig und kühl, jetzt aber in Paracas scheint die Sonne und es ist warm. Das Hotel liegt direkt am Meer und hat einen riesigen Pool. Den werde ich jetzt besuchen und die Nazca Lines später einmal im Internet betrachten. 

Morgen wird es anspruchsvoll: Wir fahren in einem halben Tag von Meereshöhe auf über 4'000 Meter ü. Meer. Auf Rat der mitreisenden Ärzte haben einige schon gestern begonnen, passende Medikamente zu nehmen. Ich lasse das jetzt einmal auf mich zukommen, hätte aber bei Bedarf das nötieg dabei. Vor allem sollen wir heute keinen Alkohol trinken und morgen tagsüber viel Flüssigkeit zu uns nehmen. Ich bin zuversichtlich, dass weder 'Luigi' noch mir der Schnauf ausgeht.