Lima to Cape Horn 19.-21. Oktober 2022 - Reise von Seuzach nach Lima und Startvorbereitungen

Pünktlich um 18.35 Uhr startete mein Flugzeug ab Kloten via Madrid nach Lima. Der Flug bis Madrid war kurz, aber immer noch lang genug, dass einem auf Grund der Platzverhältnisse die Beine einschliefen. Ab Madrid war es dann platzmässig wesentlich gemütlicher und ich konnte mehr als 6 Stunden am Stück schlafen. Das Einschlafen war allerdings etwas schwieriger, da auf der anderen Seite meines Ganges zwei Spanierinnen sassen, welche sich auf Grund der langandauernden und lärmintensiven Unterhaltung mutmasslich mindestens 150 Jahre nicht mehr gesehen hatten. Sie erhielten vom Kabinenpersonal reichlich Cava nachgeschenkt, was die Intensität der ganzen Unterhaltung aber eher noch verstärkte. Als ich am anderen Morgen aufwachte, begannen sie erneut zu diskutieren und ich war mir nicht sicher, ob sie überhaupt einmal eine Pause eingelegt hatten.

Vom Flughafen in Lima aus bin ich mit dem Taxi ins rund 25 km entfernte Hotel gefahren. Dabei habe ich schon einen ersten Vorgeschmack auf die hiesigen Verkehrsverhältnisse erhalten. Es wird zügig und ohne besondere Sicherheitsabstände gefahren, was man vielen Fahrzeugen deutlich ansieht. Kaum eines ist ohne Kratzer oder Beule unterwegs, vor allem die öffentlichen Verkehrsmittel sehen aus, als wäre ein Alteisenhändler auf Betriebsausflug unterwegs.

Trotzdem kam ich wohlbehalten im Hotel an und konnte bereits einige Freunde vergangener Rallyes begrüssen. Das Wetter war - für Lima nicht ungewöhnlich - neblig bedeckt und ca. 15° warm. Mit der Zeit wurde es wärmer und erste Sonnenstrahlen stachen durch die Nebeldecke. Ich machte mich auf die Suche nach 'Luigi' und konnte ihn zu meinem Leidwesen nirgends entdecken. Irgendwann erfuhr ich, dass er zuhinterst im weit entfernten Lagerhaus stehe und deswegen erst mit der letzen Ladung zum Hotel gebracht werde. Also gingen meine lieben Schweizer Freunde Eveline und Michael und ich zu Fuss und ohne Fahrzeuge zum rund 1.3 km entfernten Golf Club zum organisierten Empfang. Wir erhielten einen ausgezeichneten leicht schäumenden und auf Gin- und Eiweiss basierenden Drink, welchen wir gerne genossen und ungefähr einmal nachfüllen liessen. Ich traf einige alte Freunde früherer Rallyes wieder und wir schwelgten in den Erinnerungen vergangener Zeiten.

Zu vorgerückter Stunde liefen wir zurück ins Hotel und ich genoss an der Bar einen letzten Gin Tonic (Eveline und Michael gingen am Kopfkissen horchen). Es ist schon interessant, wie schnell ein Mann in meinem Alter ohne sichtbare Begleitung Anschluss an die lokale (weibliche) Bevölkerung findet. Vor allem Damen, welche sich operativ an mir nicht nachvollziehbaren Schönheitsidealen orientiert haben, fanden schnell den Weg an meinen Tisch und versuchten mir in Englisch zu erklären, warum jetzt genau ich ihr langersehnter Prinz sei. Meine Englischkenntnisse sind in zunehmender Geschwindigkeit gegen 0 gewachsen und ich habe wohl noch selten eine Bar so schnell wieder verlassen wie heute. 

Genützt hat es wenig. Ich bin zwar jetzt alleine in meinem Zimmer am Schreiben meines Berichtes, aber die feuchtfröhlichen Schreie einer irgendwelchen (Hochzeits-?)Gesellschaft hallen nach wie vor durch die Gänge und werden mich wohl noch eine Weile nicht schlafen lassen. Nun ja, ich bin ja bekanntlich nicht zum Vergnügen hier blush.

Auf Grund der Zeitverschiebung von 7 Stunden war ich schon früh wach und hatte genügend Zeit, nach 'Luigi' zu suchen. Tatsächlich wurde dieser im Laufe der Nacht angeliefert und stand nun friedlich - aber ziemlich staubig - in der Tiefgarage. Er sprang auf Anhieb an und ich fuhr sogleich zum vorgesehenen Platz für die technische Abnahme. Alles klappte bestens und nach der Montage aller Rallyeschilder und dem Fassen der Rallye-Unterlagen suchte ich eine Tankstelle auf und liess den Tank füllen. Darauf fuhr ich mehrere Male die Eichstrecke in der morgendlichen Rushhour ab mit immer wieder neuen Distanzresultaten. Kein Wunder, denn man konnte wegen des Verkehrs nie die optimale Linie fahren und so verkam das exakte Einstellen des Tripmasters zur Lotterie. Ich werde das in den kommenden Tagen etwas beobachten müssen und allenfalls später nachjustieren. Das Vorbereiten des Roadbooks und vor allem die Vorbereitung der Regularities dauerte einige Zeit, denn ich habe mir auf Grund der abgegebenen Schnittabellen und den zugehörigen Angaben eigene Schnitttabellen erstellt, welche mir das Fahren der Regularities als One-Man-Show etwas vereinfachen sollten. Wir werden sehen ...

Für unser spezielles Navigationsgerät haben wir eine Speicherkarte mit total 901 Wegpunkten erhalten und ich bin zuversichtlich, dass ich den richtigen Weg finden werde. Wiederum hat es einige Teilnehmende, welche ihr Navigationsgerät heute zum ersten Mal in Betrieb genommen haben und schon beim Installieren der Speicherkarte an ihre Grenzen stiessen. Andere werkelten noch an ihren Fahrzeugen rum, zwei haben die Fahrzeuge noch gar nicht zum Laufen gebracht. Business as usual.

In Peru ticken die Uhren schon etwas anders und vieles wird nicht so wichtig genommen wie bei uns. Bei der Einreise musste ich lediglich den Pass zeigen, das vorausgefüllte Einreiseformular wollte niemand sehen und auch das Gepäck wurde nicht kontrolliert. Unser Hotel gehört zu den 100 Leading Hotels in the World, es hat fast mehr Angestellte als Gäste und diese Angestellten sind ausgesprochen höflich und hilfsbereit. Man darf aber nicht zu komplexe Fragen stellen oder Wünsche äussern, da sonst sofort ein Vorgesetzter gerufen werden muss, der wiederum einen Vorgesetzten ruft, welcher die entsprechenden Entscheidungen trifft und diese werden dann über die ganze Befehlskette zurück kommuniziert. Das kann manchmal etwas dauern ...

Ansonsten ist die Stimmung sehr gut: Man hilft sich gegenseitig und kommt schnell ins Gespräch. Viele mir bekannte Rallyefreunde fahren mit und alle freuen sich auf die bevorstehende Reise ans Ende der Welt. In rund 2 Stunden findet ein letztes Briefing statt und dann geht es zum Welcome-Dinner mit vorausgehendem Apéro. Traditionsgemäss werde ich da nicht fehlen, aber bezüglich Drinks etwas mehr Zurückhaltung üben als am gestrigen Abend wink.

Morgen starten wir ab 07:30 Uhr und fahren zur Einstimmung nur eine kurze Etappe nach Paracas (knapp 300 km). Am Nachmittag könnte man die Nazca Lines mit dem Helikopter besichtigen, dazu hätte man sich aber voranmelden müssen. Mit dem Auto könnte man auch hinfahren aber so wie ich mich kenne, werde ich in dieser Zeit ein paar unaufschiebbare Kontrollarbeiten an 'Luigi' durchführen müssen ...

Standort-Luigi-beim-Start.JPG
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Kommentare

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Irene 22.10.2022 08:26

Viel Spaß, du packst das