The 7. Peking to Paris Motor Challenge 24. Juni 2019 - Day 23: Kazan nach Nijniy Novgorod (487 km)

Es wurde dann doch nichts mit dem Besuch im Karaoke-Studio. Wegen der zweistündigen Zeitverschiebung gab es schon um 18:00 Uhr Lokalzeit das Abendessen und nur wenige Unentwegte - darunter auch Röbi und ich - fanden noch den Weg an die Bar. Wir blieben aber nur kurz, da die mehr als 600 km bei über 30° Celsius (ohne Klimaanlage!) auch uns etwas müde gemacht haben. So waren wir um 21:30 Uhr schon am Kopfkissen horchen. Allen anderen ist es vermutlich ähnlich ergangen, jedenfalls wusste am anderen Tag keiner über Details des 13. Stockes zu berichten angel.

Glücklicherweise war das Wetter heute bewölkt und merklich kühler als gestern. Zwischendurch gingen sogar einige Regenschauer nieder. 'Isabella' spulte ihre Kilometer problemlos runter, keine der Temperaturen überschritt 95 Celsius. Wir fuhren fast die ganze Strecke im russischen Hinterland, die Strassen waren in einem entsprechend schlechten Zustand, dafür war kaum Verkehr vorhanden. Hier war die Armut noch zum Greifen nahe, es war, als wäre die Zeit vor 100 Jahren stehen geblieben. Alles ist auf mehr oder weniger Selbstversorgung ausgerichtet, meistens sieht man viele Hühner und Hähne, ganz selten einmal eine magere Kuh. Trotzdem wurde uns in jedem Dörfchen enthusiastisch zugejubelt.

Die Vorgehensweise bei der russischen Strassensanierung habe ich noch nicht ganz verstanden. Einmal fuhren wir nach rund 10 km unwahrscheinlichen Schüttelbecherwegen plötzlich auf 500 Meter nagelneuer Teerstrasse nur um nachher weitere mindestens 5 km auf den Schüttelbecherwegen zurückzulegen. Ein äusserer Anlass für diese Kurzsanierung war nicht zu erkennen, es gab weder ein Dorf noch eine sonstige Sehenswürdigkeit in der Nähe. Vermutlich hat ein Teertransporter seine Ladung verloren und es war einfacher, alles platt zu walzen anstatt wieder aufzuladen. Auch ganz grobe Löcher werden nicht saniert, aber manchmal wenigstens das Signal 'Vorsicht Unebenheiten' aufgestellt und die Geschwindigkiet auf 50 km/h begrenzt. Wer dann allerdings mit 50 km/h diese Stelle befährt, wird seine Achsen irgendwo finden, aber ganz sicher nicht mehr am dafür vorgesehenen Ort am Fahrzeug.

Eine der Passage-Controls war an einer Tankstelle einer gut frequentierten Fernstrasse. Da gab es auch einen Ersatzteilladen, schwergewichtig für Lastwagen. Alles war dort zu bekommen, man hätte sich einen halben Lastwagen zusammenstellen können. Röbi und ich kauften eine neue leistungsfähige Fettpresse und Fett, einen Druckkolben für das Einfüllen von Hinterachsöl sowie das Öl selber. Beim Simmenring am Differential tropft es immer noch leicht, aber jetzt sind wir in der Lage, alles selber und ohne Werkstattbesuch zu prüfen und befüllen. Auch die Vorderachse und die Blattfederaufhängungen können wir jetzt besser schmieren. Gerne hätten wir noch einen Luftkompressor, eine Lastwagenhupe sowie weiteres Zubehör gekauft, am Schluss hat aber die Vernunft gesiegt und wir haben es tatsächlich geschafft, uns auf das Nötigste zu beschränken.

In Nijniy Novgorod wurden wir 4 km vor dem Hotel auf einen öffentlichen Platz umgeleitet, wo wir unter dem Beifall der Menge eine Runde drehten und kurz anhielten um Fotos zu ermöglichen. Als wird dann das Hotel sahen, erkannten wir es sofort als den heruntergekommenen Sowjetschuppen, wie wir ihn schon 2016 erlebt hatten. Aber zu unserer Freude wurde er inzwischen inwändig renoviert und die Zimmer sind jetzt auf einem bescheidenen, aber sauberen westlichen Niveau und recht geschmackvoll eingerichtet. Nach wie vor ist alles sehr klein, aber bei den Betten und beim Schreibtisch hat es je vier Steckdosen für internationale Stecker. Auch ein Tresörchen ist vorhanden, es steht lose im Büchergestell und würde fast in die Hosentasche passen. Die aufgesetzte Klimaanlage läuft angenehm leise, dafür kühlt sie kaum. Alle Schalter und Steckosen sind vorbildlich in russich und englisch angeschrieben, selbst in der Dusche sind die für die verschiedenen Tücher vorgesehenen Plätze mit 'Hands-Towel', 'Foot-Towel' und 'Body-Towel' angeschrieben. Einzig der Gebrauch der WC-Schüssel mit angeschlossenem Duschschlauch ist nicht weiter dokumentiert. Sogar ein mit heissem Wasser durchflossener Handtuchradiator ist vorhanden und lässt die Temperatur im Badezimmer(chen) auf locker über 35° Celsius steigen.

Jetzt ist bei uns 18:30 Uhr und Röbi wird bald das Dinner-Buffet stürmen. Ich lasse den z'Nacht aus, was meiner Linie nur gut tut und werde wieder einmal ausgiebig meine elektronischen Zeitungen lesen.

Morgen geht es ca. 660 km nach Zavidovo bevor wir dann übermorgen nach St. Petersburg, unserer letzten Station in Russland fahren und dort auch unseren letzten Ruhetag geniessen. Bin ja gespannt, wer dann noch seine länger bestellten Ersatzteile ausgehändigt bekommt.

 

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Kommentare

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Carlos 25.06.2019 00:44

Lieber Manuel, lieber Röbi
Danke für eure Berichte. Diese sind super spannend. Ich bewundere eure Leistung und freue mich, wenn ich im 2022 als einer der Novizen mitfahren darf. Gerne würde ich dann bei euch vorbei kommen, nicht wegen einem Expresso, sondern wegen den guten Tipps.
Euch wünsche ich weiterhin viel Erfolg
Lg c