Klima Darf man heute noch Oldtimer fahren?

(Dieser Beitrag wurde im Sommer 2018 geschrieben)

Unbestritten trägt jegliche Verbrennung fossiler Brennstoffe - wenn auch nicht alleine - zur Erhöhung des CO2-Anteils in unserer Umgebungsluft bei. Auch wenn nur ca. 4% davon menschengemacht sind, reicht dies gemäss wissenschaftlichen Studien aus, das bisher vorherrschende Gleichgewicht zwischen CO2-Erhöhung und CO2-Verminderung nachhaltig zu stören. Anstrengungen, den CO2-Anteil in unserer Atmosphäre zu verringern oder mindestens nicht mehr ansteigen zu lassen, sollten deshalb grundsätzlich unterstützt werden.

Doch bei all diesen Anstrengungen sollte die Verhältnismässigkeit gewahrt bleiben. Es immer leicht, mit dem Finger auf Probleme hinzuweisen und Massnahmen zu fordern, von denen man bestenfalls gar nicht betroffen ist. Die Gefahr besteht, dass im Zuge der gegenwärtig etwas aufgebauschten Klimadiskussionen einseitige Lösungen postuliert werden ohne die damit verbundenen weiterreichenden Auswirkungen genügend berücksichtigt zu haben. Manchmal drängt sich der Verdacht auf, dass das Propagieren vermeintlich heilbringender Gegenmassnahmen von wirtschaftlich motivierten Partikularinteressen geleitet ist.

Der Umstieg auf möglichst elektrobetriebene Fortbewegungsmittel tönt gut, aber nur dann, wenn aller benötigter Strom - auch für die Produktion der Produkte - aus emissionsfreier Gewinnung stammt. Davon sind wir noch weit entfernt, da die Wind- und Sonnenenergie den Mehrbedarf bis heute nicht einmal annähernd decken kann. Wenn wir dann noch die Stromproduktion mittels Kohle- oder Gaskraftwerken fördern müssen um die verloren gegangene Energie aus überhastet abgestellten Atomkraftwerken kompensieren zu können, stellt sich schon die Frage nach dem Verhältnis von Schaden und Nutzen. Desweiteren laden die immer günstiger werdenden elektrobetriebenen Fortbewegungsmittel wie E-Bikes, E-Trottinets etc. zu vermehrter Mobilität ein und ersetzen wohl kaum im gleichen Umfang die Reisen mit fossiler Energie betriebenen Fahrzeuge. 

Unsere Gesellschaft hat noch weitere mindestens so wichtige Probleme zu lösen, dazu gehören die Problematik des - ausser in Europa - ungebremsten Bevölkerungswachstums, des Verbrauchs wichtiger und seltener Rohstoffe sowie das Problem der ganzen Entsorgung unseres Abfalls, resp. dessen Wiederverwertung.

Zugegebenermassen sind Oldtimer bezüglich CO2-Ausstoss alles andere als umweltfreundlich, trotzdem ist ihr Anteil am weltweit von Menschen produziertem CO2-Ausstoss verschwindend klein. Wer schon einmal in Indien oder anderen asiatischen Ländern mit dem Auto gefahren ist, weiss wie gross der Anteil der stinkenden und qualmenden überalterten Lastwagen ist, welche sich täglich in den nicht enden wollenden Blechlawinen durch die Gegend kämpfen. Genau so eindrucksvoll sind die vielen Kohlekraftwerke, welche mit ihren ungefiltert ausgestossenen Rauchschwaden permanent den Horizont verdunkeln und immer noch - vor allem in China - massiv ausgebaut werden.

Viele Oldtimerfahrer haben generell eine grosse Wertschätzung gegenüber früher produzierten Erzeugnissen und nutzen diese vielfach länger als der durchschnittliche Konsument dies tut. Vielleicht tragen sie mit dieser Haltung mehr zur Konsumverminderung bei als alle diejenigen, welche sich immer mit den neusten, vom aktuellen Zeitgeist diktierten Produkten umgeben und jeder 'Schnäppchenaktion' nachrennen.

Letztendlich werden wir viele umweltrelevante Probleme nur durch Verzicht lösen können, inwieweit das mit dem Konsumhunger aufstrebender Länder zu vereinbaren ist, insbesondere mit den absehbaren wirtschaftlichen Auswirkungen, kann auch ich zu wenig abschätzen. Wie schon Jahrhunderte und Jahrtausende zuvor muss es wohl zuerst wieder zu Seuchen und (noch mehr) Kriegen kommen, bis erzwungenermassen ein nachhaltiges Umdenken stattfindet.

Bekanntlich gibt es keine Wirkung ohne Gegenwirkung und darum passt das Zitat von François Pierre Guillaume Guizot gut zu den Oldtimer-Rallyes: Die tägliche Erfahrung lehrt, daß diejenigen, welche viel reisen, an Urteilskraft gewinnen; daß die Gewohnheit – fremde Völker, Sitten und Gebräuche zu beobachten, den Kreis ihrer Ideen erweitert und sie von manchen Vorurteilen befreit.

So gesehen braucht es manchmal eine auf den ersten Blick nicht sinnvolle Investition um zu einer Erkenntnis zu gelangen, deren Auswirkung zu einem späteren Zeitpunkt gewinnbringend und zum Wohle aller eingetzt werden kann - und damit meine ich nicht nur die wirtschaftliche Seite!