The Himalayan Challenge 8. Oktober 2018 – Day 18: Kathmandu (Rest day)

Auch heute sind wir am Pool gelegen und ich habe zudem eine Massage gebucht. Es blieb viel Zeit zum Nachdenken und zur Verarbeitung der bisherigen Eindrücke:
Indien hat bei mir einen zwiespältigen Eindruck hinterlassen. Sehr positiv sind mir die überaus freundlichen, fröhlichen und hilfsbereiten Inderinnen und Inder in Erinnerung geblieben. Die Diskrepanz zwischen arm und reich ist riesig, aber am meisten aufgefallen ist neben dem Verkehrschaos und den stinkenden Fahrzeugen der katastrophale Umgang mit den Abfällen. Entlang des Flusses Ganges hat es viele grössere Dörfer, welche von Plastikabfällen nur so strotzen. Teile davon werden jeweils am Flussufer des Ganges hingekippt und jedes Mal, wenn der Fluss ansteigt, wird ein grosser Teil der Abfälle mitgerissen und Richtung Meer transportiert. Natürlich ist es toll, wenn jetzt begonnen wird, die Abfälle aus dem Meer zu fischen, besser wäre, man würde das Problem an der Wurzel packen und die Abfälle reduzieren und fachgerecht entsorgen. Die vielen Kinder spielen mit und auf dem Müll, als wäre dies das Normalste auf der Welt und auch die heiligen Kühe, welche in der Mehrheit nur aus Haut und Knochen bestehen, suchen zusammen mit den wildlebenden Hunden die letzten organischen Abfälle im ganzen Dreck zusammen. Indien hat jetzt schon fast so viele Einwohner wie China (knapp 1.3 Milliarden) und die Bevölkerung wächst – im Gegensatz zu China – stetig und unvermindert an, was irgendwann unweigerlich zum Kollaps führen wird. Indien wird bekanntlich zu den Schwellenländern gezählt, die Frage ist nur, was das genau für eine Schwelle ist. Am Schluss werden wohl die Stärksten überleben.

Nepal ist ähnlich wie Indien, hat aber eine deutlich kleinere Bevölkerungsdichte und macht einen organisierteren und auch saubereren Eindruck. In den Dörfern sind viele öffentliche Abfallkübel aufgestellt, grüne für die organischen Abfälle und rote für alle anderen. Die Polizei ist sichtbar präsent und kontrolliert auch den Strassenverkehr. Die Baumaschinen sind teilweise recht modern (vermutlich wegen des Einflusses vom nahe gelegenen China) und man gibt sich hier mehr Mühe, die jährlich wiederkehrenden Schäden aus der Monsum-Zeit innert nützlicher Zeit zu beheben. Generell leiden die Verkehrswege in beiden Ländern wegen der jährlichen Regenzeit und den darauf folgenden Überschwemmungen erheblich und viele Strassenverbindungen sind jeweils während Monaten unpassierbar.

Kathmandu gilt als die weltweit am stärksten von der Luftverschmutzung betroffene Stadt und es herrscht den ganzen Tag ein totales Verkehrschaos, wie selbst ich es noch nie erlebt habe. Wie in Indien sind auch hier die Lastwagen überaus zahlreich und qualmen, was das Zeug hält. Wenn diese den Berg hinaufkriechen, stossen sie derart viel Russ aus, dass man manchmal nicht erkennen kann, ob die Strasse wirklich frei zum überholen ist. Mir ist klar, dass auch wir mit unseren Oldtimern keine besonders saubere Luft produzieren, aber was diesbezüglich in diesen beiden Ländern abgeht, ist fast nicht zu beschreiben und stimmt mich sehr nachdenklich. Wenn hier nur schon die schwächste aller Euro-Schadstoffnormen flächendeckend eingeführt werden könnte, wäre das ein unwahrscheinlicher Fortschritt! Wenigstens sieht man hie und da ein Elektro-Tuk-Tuk (was wohl auch auf den Einfluss von China zurück zu führen ist).

Ich habe bis jetzt mehr als 30 Rallyes absolviert, davon sieben Langstrecken-Rallyes. Auf keiner Rallye habe ich so viel gesehen und erlebt wie auf dieser, was wohl auch an den bescheidenen Durchschnittsgeschwindigkeiten liegt. Wir haben Orte besucht und sind durch Gegenden gefahren, wo kaum ein ’normaler‘ Tourist hinkommt. Für mich hat der Sinn einer solchen Rallye eine neue Dimension bekommen: Ich werde künftig in meinem Alltag versuchen, achtsamer und schonender mit den verfügbaren Ressourcen umzugehen und aus diversen Gesprächen mit anderen Rallye-Teilnehmern weiss ich, dass ich nicht der einzige mit diesen Gedanken bin. Manchmal muss man gewisse Dinge mit eigenen Augen sehen, damit man sie genügend ernst nimmt. Vor allem ist mir wieder einmal klar geworden, in was für einen ‚Wohlfühl-Oase‘ wir in der Schweiz leben und wie klein unsere Probleme sind.

Jetzt liegen nur noch drei – höhenmässig relativ harmlose – Etappen vor uns und wohl oder übel müssen wir uns definitiv damit abfinden, dass wir die vier anspruchsvollsten und wohl schönsten Etappen wegen der früher beschriebenen Naturereignisse nicht erleben durften. Natürlich sind wir auch andere schöne Strecken gefahren und haben viel Interessantes von Indien und Nepal gesehen. Aber der langersehnte Höhepunkt der Rallye ist buchstäblich ins Wasser gefallen. Dies ist auch für den Organisator frustrierend, hat er doch ein Jahr zuvor mit viel Aufwand alles rekognosziert und die Unterkünfte reserviert. Jetzt musste er kurzfristig neue Unterkünfte an anderen Orten suchen und die Rallye-Teilnehmer mit einer neu zusammengestellten Tagesetappe bei Laune halten (all das hat der Organisator übrigens ausgezeichnet gemacht!).

Dank des vorgestrigen Tages sind wir in der Gesamtrangliste vom 28. auf den 27. Rang vorgerückt. Dies nicht, weil wir besonders gut gefahren sind (es gab keine Sonderprüfung), sondern weil ein Fahrzeug länger ausgefallen ist als wir. Die morgige Etappe ist nur 260 km lang, trotzdem müssen wir bereits um 07:00 Uhr abfahren, da wir zuerst aus Kathmandu raus müssen. Der Veranstalter hat für die ersten 37 Kilometer ganze 2.5 Stunden eingeplant, was einen Schnitt von gut 16 km/h ergibt. Ich wünsche unserer Kupplung jetzt schon viel Kraft(schluss)!

Zum heutigen Abendessen werden wir in ein nepalesisches Restaurant gefahren, wo wir landestypische Speisen und eine Folklore-Unterhaltung geniessen dürfen.
Hier in Kathmandu habe ich übrigens das erste Mal seit dem Rallyestart eine Flasche Prosecco bestellen können.

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Kommentare

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Iris & Jean-Philippe 15.10.2018 12:50

Lieber Manuel

Wir möchten uns auch für die lebendigen Tagebucheinträge bei Dir/Euch bedanken.
Es ist mindestens so spannend wie mit Jules Vernes in 80 Tagen um die Welt zu reisen.
Teilweise so spannend, dass wir es nun am Tag und nicht mehr als Gute Nachtgeschichte zu uns nehmen ;-)) Im übrigen fallen ja bekanntlich die meisten Teilnehmer nach der Rally in ein „Loch“ ich glaube das könnte uns nun als begeisterte Leser bald auch passieren….herzlich Iris & Jean-Philippe