Lima to Cape Horn 18. November 2022 - Day 28: Puerto Natales to Punta Arenas (344 km)

Der heutige Bericht befasst sich wieder einmal nur mit dem Wettkampfgeschehen und der Technik. Bezüglich Naturerlebnisse verweise ich auf frühere Berichte smiley.


Der gestrige Tag hat noch einmal etwas Bewegung in die Rangliste gebracht. Auf der ersten Regularity auf Naturstrassen musste man nach 3.59 km halbrechts abzweigen und 190 Meter später im 90°-Winkel nach links fahren. Das Dumme war nur, nach 190 Metern kam keine (frühzeitig sichtbare) Abzweigung. Aber so gut kenne ich den Veranstalter inzwischen: Wenn man auf einer Regularity bei einem bestimmten Punkt abzweigen muss, dann muss man bei diesem Punkt auch tatsächlich abzweigen. Und so war es auch:  Nach ca. 189 Metern sah man tatsächlich, dass da vor Jahren schon einmal jemand abgebogen sein muss und so tat ich es auch. Keine 300 Meter später war der Timing-Point aufgestellt und ich wurde mit 2 Sekunden Differenz auf die Sollzeit als Erster begrüsst obwohl ich erst als vierter auf die Strecke ging. Späteren Berichten zur Folge haben nur 6 Teams diese Abzweigung auf Anhieb gefunden, sogar die bislang Zweitplatzierten haben sich verfahren, aber den Fehler zum Glück schnell bemerkt und so konnten sie den Schaden in Grenzen halten.

Mit anderen Worten: Ich habe gestern meinen 5. Tagessieg eingefahren (die Nachmitttags-Prüfung klappte auch gut), bin immer noch auf dem 5. Gesamtrang und konnte den Abstand auf den Viertplatzierten auf 44 Sekunden reduzieren. Hinter mir hat sich auch einiges getan: Der direkt hinter mir liegende Porsche hat sich prächtig verfahren, fasste das Maximum der Strafzeit von 2 Minuten und fiel um einen Rang zurück. Nun liegt ein Mercedes-Team direkt hinter mir und auf diese habe ich jetzt 2 Minuten und 10 Sekunden Vorsprung. Auch unser CH-Paar Michael und Eveline konnten sich verbessern und sind jetzt Erste in ihrer Klasse und Gesamtsiebte (weil meine Klassifizierung ja offiziell nicht zählt sad).

Die vielen Schotterpisten haben einigen Fahrzeugen ziemlich zugesetzt: Bei einem australischen Fahrzeug ist die ganze linke Vorderradaufhängung rund um den Kotflügel gebrochen und sie konnten das Ziel mit schiefem Rad gerade noch aus eigener Kraft erreichen und über Nacht alles wieder zusammenschweissen lassen. Andere mussten die Stossdämpferbefestigungen neu fixieren und wieder andere die Radlager wechseln. Aber heute morgen waren wieder fast alle auf der Piste.

Meine selber mit Spann-Set und Kablebindern konstruierten Kotflügelbefestigungen haben den ganzen Tag gehalten und sehen auch heute Abend noch stabil aus. Manchmal frage ich mich, wieso man die Fahrzeuge nicht generell mit Spann-Sets zusammenbaut. Eine solche Konstruktion hat mir schon in einigen Rallyes aus der Patsche geholfen wink. Auch das schon länger reparierte Kupplungsgstänge arbeitet tadellos.

Heute hatte ich allerdings auch einen Schreckmoment: 10 Sekunden vor dem Start zur Regularity schepperte es plötzlich ziemlich unter der Motorhaube. Ich fuhr sofort zur Seite, stellte den Motor ab und sucht nach dem Problem. Per Zufall war gerade ein Mechaniker-Team der Organisation vor Ort, aber auch diese konnten nichts finden. Wir lösten den Keilriemen und prüften die beiden Wasserpumpen sowie den Alternator einzeln. Es war keine Ursache für dieses Geschepper zu finden. Also montierten wir wieder alles und siehe da, der Motor startete sofort und lief ohne Störgeräusche.

Da ich die Regularity noch nicht begonnen hatte, durfte ich erneut starten. Nach und 2 km erklang das Geschepper erneut. Aber nach dem Motto: Ohren zu und durch fuhr ich bis ans Ende der Regularity. Kurz vor Ende der Regularity verschwand das Geräusch wieder. Nach der Regularity prüfte ich 'Luigi' erneut und wurde endlich fündig: Das Lager des elektrischen Ventilators vor dem Kühler war gebrochen und jedesmal, wenn der Thermostat den Ventilator einschaltete, ertönte dieses Geschepper. Grosse Erleichterung, dass es nichts Schlimmeres war! Ich klemmte das Stromkabel zum Ventilator ab und fixierte den Propeller mit einem Kabelbinder, damit dieser während der Fahrt nicht durch den Fahrtwind angetrieben wird und am Schluss noch den Kühler beschädigt hätte.

Die beiden Regularities selber habe ich mit je 3 Sekunden Differenz zur Sollzeit abgeschlossen. Das ist zwar nicht schlecht, werde aber morgen trotzdem nochmals die Kalibrierung des Tripmasters prüfen.

Zum Schluss der heutigen nur 340 km langen Etappe gab es noch einen Rundkurs zu fahren, welcher aber wegen des schlechten Zustandes massiv verkürzt wurde. Das ist für mich von Vorteil, denn auf kurzen Rundkursen verliere ich weniger Zeit auf die Porsches als auf den langen Strecken.

Morgen starten wir in den zweitletzten Tag. Es gibt 450 km zu fahren und wir müssen dabei einen Rundkurs und zwei Regularities absolvieren. Der Veranstalter scheint jetzt die Anforderungen weiter nach oben zu schrauben. Also werden 'Luigi' und ich nochmals alles geben müssen, damit nicht noch mehr Porsches oder Mercedes in die ersten 10 Ränge fahren smiley

Man kann den Luftfilter auch mit einer Holzplatte abdichten
Man kann den Luftfilter auch mit einer Holzplatte abdichten
Man kann den Luftfilter auch mit einer Holzplatte abdichten
Neue Radlager werden montiert
Neue Radlager werden montiert
Neue Radlager werden montiert
20221118_135802.jpg
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'Luigi' wird inspiziert
'Luigi' wird inspiziert
'Luigi' wird inspiziert

Kommentare

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Hanns Proenen 19.11.2022 05:52

Ganz herzlichen Dank für Deine täglichen Berichte. Ich lese sie jeden Morgen noch vor der NZZ.
Spätestens seit der Sahara Challenge kann ich alles so gut nachempfinden - es ist als ob ich bei Dir im Auto auf dem freien Platz sitze. Wenn du also mal wieder ohne Navigator bist…..

In Sachen kühlerventilator. Ich hatte genau dieses Problem an meinem Commodore auf einer längeren Testfahrt und es hat mir den Kühler regelrecht geschreddert. Und wie bei Dir war der Lüfter blasend vor dem Kühler montiert. Der Fahrtwind hat die lüfterflügel an den Kühler gedrückt. Ich habe jetzt 2 saugende Lüfter hinter dem Kühler. Zwei damit in der Lücke zwischen beiden die Riemenscheibe der Wasserpumpe passt. Hat sich in der Sahara voll bewährt.
Weiter gute Reise - bring Luigi und dich sicher ins Ziel.
Hanns