Carrera Iberia 14. Oktober 2019 - Day 7: Rest Day in Lamego

Schon in der Nacht hatte es zu regnen begonnen und den ganzen Vormittag hindurch angehalten. Wir waren schon um 23:00 Uhr im Bett, denn im Restaurant wie in der Bar war es mindestens für uns (auch für andere) definitiv zu laut und etwas Müdigkeit breitete sich auch aus. Einer der englischen Teilnehmer hat ein derart gewaltiges Stimmorgan, dass man beinahe einen Hörschaden erleidet, wenn man im Gespräch daneben steht. Zudem wächst die Lautstärke dieses Sprechenden mindestens proportional zu seinem Alkoholkonsum und der kann beträchtlich sein.

Wir haben also lange und gut geschlafen, das Frühstück genossen und mit Faulenzen begonnen. Das Wetter ist immer noch regnerisch, aber gegen Abend sollte es aufklaren. Unser Hotel gehört zur best möglichen Kategorie in Portugal und lässt kaum Wünsche offen. Alles ist von A bis Z durchgestylt und das Hotel hat 2017 den Preis für das Best Achievement in Design gewonnen. Dabei wurde offensichtlich die Praxis-Tauglichkeit nicht mit in die Bewertung hinein genommen. Ich weiss gar nicht, wo mit den Beispielen anfangen zu erwähnen, wenigstens ist hier die Dusche sofort funktionsfähig und lässt keine Zweifel über die Bedienung der wenigen Hebel und Hahnen aufkommen. Auch das Wasser ist in Sekundenschnelle auf der gewünschten Temperatur und dank des genügend langen Duschschlauches können alle Körperstellen genügend mit Wasser versorgt werden ohne vorher diverse Yoga-Stellungen einnehmen zu müssen.

Hingegen ist die ganz elektrische Steuerung des Zimmer eine Herausforderung. Eine zweiseitige Bedienungsanleitung je in portugiesisch und englisch gibt Auskunft darüber, wie das Zimmer er- und beleuchtet, gekühlt oder geheizt, verdunkelt oder aufgehellt werden kann. Das Ganze kann an zwei Panels an den Wänden sowie über eine Fernsteuerung geregelt werden. Einige Stehlampen sind von der Steuerung nicht betroffen, sondern weisen am Kabel einen Fussdrücknopf auf, welcher aber unter dem Sofa zuerst gefunden werden muss. Auch die Nachttischlampen weisen einen simplen, mit üblichem Kraftaufwand zu betätigenden Druckknopf auf, welcher erst noch auf Anhieb funktioniert. 

Im geschmackvoll eingerichteten Restaurant ist das Salz in kleine Jutesäcke mit Schnurverschluss eingepackt. Dieser muss zuerst geöffnet und das kleine Holzlöffelchen im Innern gefunden werden. Mit dem Holzlöffelchen schöpft man dann die grossen Salzkörner auf das Essen und versucht später, diese Körner mit Messer und Gabel zu zerkleinern und somit gleichmässiger auf dem Essen zu verteilen. Ein beinahe aussichtsloses Unterfangen und zudem stellt sich die Frage, ob man das Salzsäckchen geschlossen oder offen an den nächsten Gast weiterreicht. Im Knigge habe ich zu diesem Thema leider keinen Eintrag gefunden.

Trotz all diesen Kleinigkeiten - was einem Jammern auf höchstem Niveau entspricht - geniessen wir den Aufenthalt hier sehr zumal auch das Personal ausgesprochen freundlich und hilfsbereit ist. Zudem kommt jetzt langsam die Sonne hervor so dass wir vielleicht den Apéro in der schönen Gartenanlage geniessen dürfen.

Nach rund zwei Drittel dieser Rallye können wir bereits jetzt schon mit Freude feststellen, dass die neue Organisation Rallye The Globe ihre Aufgabe sehr gut geplant und umgesetzt hat. Die Mischung zwischen Wettbewerb, Landschaft, Kultur und anderen Annehmlichkeiten ist aus unserer Sicht sehr gut gelungen und alle finden etwas, was ihnen besonders gefällt. Viele Details wie Gepäckservice, zur Verfügung gestellte Ölwannen, mögliche Degustationen, täglich zugemailte Resultate und anderes heben die Veranstaltung vom bisher Erlebten ab. Dies vor allem auch Dank der liebenswerten Crew-Mitglieder, die fast ausnahmslos aus der Crew des ehemaligen Veranstalters ERA übergetreten sind. Dazu gehören auch die beiden uns bestens bekannten Mechaniker-Teams, welche wir bis jetzt glücklicherweise immer nur am Abend oder dann an einer geplanten Time-Control gesehen haben.

Wie wir mitbekommen haben, ist der Konkurrenzdruck unter den verschiedenen Rallye-Anbietern gewachsen und offenbar auch von leisen Misstönen begleitet. Wir bekommen da nur zwischen den Zeilen etwas mit und halten uns aus allen diesbezüglichen Diskussionen raus. Nach wie vor werden wir unsere Rallyes in erster Linie nach der Route und den Herausforderungen wählen und sind sicher, immer wieder auf gute Leute zu treffen. Auch auf dieser Rallye wächst der Zusammenhalt der Truppe von Tag zu Tag, man lernt neue Leute kennen und unsere beider Englisch-Kenntnisse wachsen mit jeder neuen Konversation.

Die teilweise einsamen Strecken durch Spanien haben uns sehr gut gefallen, alles hat mitgespielt: Das Wetter, die Jahreszeit, die Natur, der Verkehr, die Kultur und auch das gute Essen. Von der Bevölkerung auf dem Lande haben wir sehr wenig mitbekommen, die Dörfer waren wie ausgestorben, alle Rollläden der Häuser geschlossen, kaum Leute in den Cafés. Auch Kinder haben fast nirgends gesehen. Ob das mit der täglichen Siesta-Zeit zu tun hat, können wir nicht beurteilen. Abends waren wir meist in grösseren Ortschaften und das Leben der Spanier beginnt dort erst nach 18:00 Uhr. Somit war es für uns etwas ungewohnt, erst ab 20:30 Uhr das Abendessen einnehmen zu können, was in Spanien aber immer noch früh ist.  

Unser Mustang läuft nach wie vor sehr zuverlässig, auch wenn seit gestern bei allen Bodenwell(ch)en ein fast dauerhaft quietschendes Geräusch zu hören ist. Vermutlich kommt es von einem Stossdämpfer, genau konnte ich es nicht lokalisieren. Wenn ich die vorderen Aufhängungen manuell bewege, ist aber nichts zu hören und so weiss ich nicht, wo überall ich WD-40 hinsprayen soll. Ich warte jetzt mal ab, wie sich das Ganze entwickelt. Heute musste ich das erste Mal einen halben Liter Öl nachfüllen, was angesichts der bereits mehr als 4'000 zurückgelegten Kilometer normal scheint.

Der in unserer Klasse in Führung liegende Aston Martin führt auch die Gesamtrangliste aller Klassen an. Das wird sich wohl kaum mehr ändern, denn es stehen noch einige Geschwindigkeitsprüfungen auf abgesperrten Strecken an und da wird er weiter Boden gut machen können. Auf dem zweiten Platz in unserer Klasse liegt mit nur 27 Sekunden Vorsprung gegenüber uns ein Ford Falcon. Dieses Fahrzeug hat mit einem Oldtimer nicht mehr viel zu tun, das Armaturenbrett und die Mittelkonsole gleichem einem Flugzeug-Cockpit, der Bremsdruck kann zwischen Vorder- und Hinterachse manuell hin- und her geschoben werden (habe zwar noch nicht herausgefunden, wozu das gut ist, wir wollen ja fahren und nicht bremsen wink) und das Ganggestänge wurde so gestaltet wie man es sonst nur in Rennwagen sieht. Die breiten und unter den Kotflügeln kaum Platz findenden Reifen scheinen ebenso nicht ganz aus der angegebenen Epoche zu stammen. Leistungsmässig kann er wohl mit unseren Mustang gut mithalten, trotzdem sind wir auf den Rundkursen fast immer gleich schnell, also werde ich dort kaum noch Zeit aufholen können. Auf unseren direkten Verfolger, den gelben 12-zylindrigen Jaguar E haben wir mehr als 2 Minuten Vorsprung und unser Ziel muss sein, diesen zu halten. Also müssen wir die kommenden Regularities möglichst genau fahren.

Für jeden Veranstalter ist es eine Herausforderung, faire Bewertunsgkriterien vorzugeben, welche die alters- und leistungsmässigen Unterschiede der verschiedenen Fahrzeuge möglichst klein werden lassen. Auf den Regularities dieser Rallyes gab es bis heute damit keine Probleme, da die angesetzten Durchschnittsgeschwindigkeiten so tief (vernünftig) waren, dass die Motorenleistung nie der Grund für eine schlechte Zeit war. Auf den Rundkursen erhält der jeweils Klassenbeste Null Strafpunkte während die dahinter platzierten Fahrzeuge genau soviele Strafpunkte erhalten wie sie Anzahl Sekunden auf ihren Klassenbesten verlieren. Die absolut gefahrenen Zeiten haben so also nie einen direkten Einfluss auf die Bewertung. In Klassen mit ungefähr gleich starken Fahrzeugen halten sich so die Differenzen in sehr kleinem Rahmen während in unserer Klasse die Abstände bis zu einer Minute betragen konnten, da keiner dem Aston Martin auch nur annähernd das Wasser reichen kann. Innerhalb der Klassen-Rangliste spielt das keine Rolle, aber auf der Gesamtrangliste hat das einen recht grossen Einfluss. Auch wenn gerade wir von dieser Regelung besonders negativ betroffen sind, erachte ich diese Bewertungsvariante als die bisher fairste.  

So, nun reicht's für heute! Bereits regnet es wieder wie aus Kübeln, ein guter Grund, ein wenig am Kopfkissen zu horchen. Morgen geht es wieder los und da wollen wir fit sein. Gemäss Prognosen sollte es dann auch nicht mehr regnen.

 

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