Alaska to Mexico 12. September 2023 - Day 16: Idaho Falls to Jackson Hole (204 km)

Bezüglich Wetter, Gegenden und erreichten Resultaten kann ich nur sagen: Siehe Bericht vom Vortag smiley.

Wir sind schon um 13:00 Uhr in Jackson Hole angekommen. Dieses Städtchen liegt nahe eines Skigebiets und ist auch im Sommer durchaus nicht frei von Charme. Irene hat sich nach dem Zimmerbezug ins Zentrum begeben, während ich eine Garage für den Ölwechsel aufgesucht habe. In unmittelbarer Nähe fand ich einen Betrieb mit dem Namen 'Express Lube and Car Wash' und wurde dort vorstellig. Alles sah vielversprechend aus: Es gab drei Bahnen mit drei Gruben und 8 Angestellten, welche nichts anderes taten, als an den Fahrzeugen Öl zu wechseln.

'Luigi' und ich brachten die sorgsam einstudierten Arbeitsabläufe ziemlich durcheinander. Als ich nach der mineralischen Ölsorte 20W50 verlangte, war der sehr junge Mitarbeiter überfordert und holte seinen unwesentlich älteren Chef. Dieser inspizierte 'Luigi' von allen Seiten wie auch unter der Motorhaube und erklärte mir, er habe keinen passenden Ölfilter (hätte mich auch gewundert) und ohne Ölfilter dürften sie aus Haftungsgründen (!) keinen Ölwechsel machen. Er staunte nicht schlecht, als ich einen solchen aus dem Kofferraum holte und er erklärte darauf das ganze Projekt zur Chefsache.

Natürlich durfte ich 'Luigi' nicht selber über die Grube fahren (Haftungsgründe!) und ich hätte mich bei den Arbeiten auch nicht in der Werkstatt aufhalten dürfen (Haftungsgründe!). Da wurde es mir nun doch leicht zu bunt und erklärte ihm, dass ich seit bald 65 Jahren auf eigenen Beinen stehe, schon manche Klippe übersprungen hätte und immer noch lebe. Das schien ihn irgendwie zu beeindrucken und ich durfte bleiben.

Im nahe gelegenen NAPA-Autoparts-Shop bestellte er 6 Liter vom gewünschten Öl (CHF 3.80 pro Liter!) und begab sich in den unteren Stock zur Unterseite des Fahrzeuges. Dort scheuchte er den bereits wartenden Mitarbeiter weg, demontierte den Unterbodenschutz, öffnete die Ölablassschraube an der Ölwanne und liess das Öl in eine fahrbare Wanne laufen. Das musste natürlich sorgsam beobachtet werden, ansonsten man zu früh hätte weiter arbeiten müssen. Nach einer gefühlten halben Stunde kam er wieder hoch, schraubte den Deckel des Ölfiltergehäuses ab und wollte den Ölfilter herausziehen. Allerdings hatte er in seinem jungen Leben noch nie einen solchen Ölfiltereinsatz gesehen, weshalb er mich fragend anschaute und wissen wollte - vermutlich aus Haftungsgründen - ob er diesen Filter ganz herausnehmen dürfe. Er durfte! Die Verwirrung war komplett, als er merkte, dass der neue Ölfilter ganz anders aussah als das soeben entfernte Teil, aber trotzdem passte.

Mit vereinten Kräften brachten wir den neuen Filtereinsatz an die richtige Position und schraubten den Deckel fest. Inzwischen hat sich fast die gesamte Werkstattmannschaft um das Auto geschart und schaute den Aktivitäten ihres Chefs zu. Dieser wuchs ob der ihm zugeteilten Aufmerksamkeit sichtlich in die Höhe und beeilte sich diesmal, vom Untergeschoss aus die Ölablassschraube festzuziehen und den Unterbodenschutz zu montieren. Schon wenige Minuten später war er wieder oben und begann das soeben angelieferte Öl einzufüllen. Kurz darauf durfte ich - trotz drohender Verletzung der Haftungsbestimmungen - den Motor selber starten und der Öldruck war sofort da. Sorgsam wurde der Ölstand noch mehrfach geprüft und weiteres Öl nachgefüllt.

Ich durfte 'Luigi' sogar selber aus der Werkstatt fahren und draussen für eine Foto mit der ganzen Belegschaft aufstellen. Alle waren sehr freundlich, haben mir eine Kappe und Abziehbilder geschenkt und viel Glück für die Weiterreise gewünscht. Der Chef erklärte mir darauf ausführlich die Rechnung und erwähnte besonders, dass er ganz alleine sowohl den 'UPPER-Part' als auch den 'LOWER-Part' als auch den 'COURTESY-Part' durchgeführt habe. Lediglich den 'CASHIER-Part' werde jemand anders übernehmen, da er - vermutlich wieder aus Haftungsgründen - die Registrierkasse nicht bedienen dürfe.

Gemäss Rechnung hat er auch noch diverse Flüssigkeitsstand- und andere technische Prüfungen durchgeführt, die mir aber komplett entgangen sein müssen wink. Das Prüfen des Reifendrucks hätte ich gemäss Rechnung abgelehnt und Scheibenwischwasser habe er gemäss Rechnung auch aufgefüllt. Es ist mir immer noch ein Rätsel, wie er die Flüssigkeitsstände im Getriebe, Kühler und der Hinterachse ohne selbige Teile zu öffnen, prüfen konnte. Auch das Niveau der Servolenkpumpe wurde für in Ordnung befunden, auch wenn 'Luigi' gar kein solches Teil hat.

Ich jedenfalls bin wieder um ein menschliches und fachliches Erlebnis reicher geworden smiley!

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Kommentare

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Beat Dubs 13.09.2023 08:37

Lieber Mäni
Einmal mehr, köstlich Deine Schilderung!
Solche Rechnungen, mit Addition der Postleitzahl, des letzten Fussballresultates und der Körbchengrösse der Buchhalterin habe ich in Rumänien auch schon erlebt. Nach meiner Beanstandung war die Rechnung dann nur noch halb so hoch.
Macht weiter so und liebe Grüsse, auch an Irene
Beat