Islands of Japan 13.10.2025 - Day 25: Rest day in Hiroshima
Gestern haben wir die Insel Shikoku, die kleinste der vier Hauptinseln Japans, verlassen und sind über ein imposantes Brückengefüge auf das Festland, resp. die Hauptinsel zurückgekehrt. Den ganzen Tag über war es heiss und feucht, das Klima ist hier weniger angenehm zu ertragen als im Norden von Japan. Vormittags war es bedeckt und teilweise neblig, die Sonne hat sich erst nach dem Mittagessen gezeigt.
Das Mittagessen nahmen wir in einem kleinen Hafenrestaurant ein, wo man sich beim kücheneigenen Aquarium selber überzeugen konnte, ob die Ware frisch war. Sie war frisch, schwamm noch umher und wusste zum Glück nicht, welches Schicksal sie bald ereilen würde. Draussen wurde zu unseren Ehren eine kleine Tanz- und Trommelaufführung abgehalten.
Wie gestern schon erwähnt, war der Tag wettkampfmässig erfolgreich, wir wurden zusammen mit 3 anderen Teams Tageserste. Da wir in dieser 4-er Gruppe das älteste Auto haben, standen wir auch zuoberst auf der Liste .
Wie ebenfalls schon erwähnt, ist das Fähigkeits-Niveau auf dieser Rallye auf einem sehr hohen Level. Das ist nicht weiter erstaunlich, da viele Teams langjährige und erfolgreichen Rallye-Teilnehmende sind. Bis jetzt haben wir ca. 65 Timingpunkte bewältigt und bis zum Rallye-Ende werden weitere 11 dazukommen. Die ersten 3 Ränge liegen strafzeitmässig aktuell innerhalb 1 Minute und die ersten 10 Ränge innerhalb 3 von Minuten. All das nach 24 Tagen und gut 6'000 Kilometern und über 60 Sonderprüfungen.
Wir haben morgen einen Transittag mit der Fähre vor uns und dann folgen die letzten beiden Wettkampftage, die es nochmals in sich haben werden. Es stehen 3 Rundkurse und 4 Regularities mit total 8 Timingpunkten auf dem Programm. Es ist also noch alles offen, sowohl nach oben wie auch nach unten .
'Luigis' Anlasser hat auch gestern morgen in kaltem Zustand einmal mehr gestreikt, wir mussten 'Luigi' diesmal sogar anschleppen. Kaum war der Motor warm, waren alle Probleme wie weggezaubert (normalerweise ist es umgekehrt: Der Anlasser fällt aus, wenn er zu heiss hat). Ich habe dann alle Anschlüsse kontrolliert und den Fehler vermutlich gefunden. Der Anschluss des Hauptzufuhrkabels war etwas lose und leicht korrodiert. Also habe ich auf die Schnelle alles halbwegs gereinigt und die Schraube fest angezogen. Beim Anlassen heute Morgen klappte alles wieder einwandfrei .
Beim Fahrzeug von Oli und Sabine ist gestern innerhalb der Kupplung etwas gebrochen. Leider war das absehbar, denn die Kupplung musste schon zweimal recht plötzlich aus nicht genau nachvollziehbaren Gründen nachgestellt werden. Bis jetzt war keine passende Ersatzkupplung aufzutreiben, so dass Oli und die Mechaniker versuchen, das Problem anderweitig zu beheben. Erschwerend kommt dazu, dass heute ein lokaler Feiertag ist und alle Garagen geschlossen haben. Daher wurde das Fahrzeug auf dem Hotelparkplatz aufgebockt und die beiden versuchen - auf dem Boden liegend - an die defekte Stelle heranzukommen, ohne die Kardanwelle und das Getriebe demontieren zu müssen. Hoffentlich klappt's!
Habe ich nicht schon viel früher einmal geschrieben: Wir müssen auf einer Rallye Probleme lösen, die wir ohne diese Rallye nicht hätten! Ansonsten gibt es bislang erstaunlich wenig technische Probleme, was ebenfalls auf das hohe Erfahrungsniveau der ganzen Gruppe hinweist.
Erste Eindrücke von Japan - Teil 9:
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Wir sind bezüglich Japan nach wie vor sehr positiv gestimmt, aber ein kleines bisschen Ernüchterung hat sich jetzt auch breit gemacht und das nicht nur bei uns. Je mehr wir in dichter besiedelte Gebiete kommen, umso mehr kann man die aktuellen Probleme der japanischen Gesellschaft erkennen. Auf dem Land sieht man fast nur alte Leute, während in den Städten die Jugend vorherrscht. Auf dem Land scheint alles auszusterben und zu verlottern, während in den Städten viel Neues und besser gepflegte Gebäude zu sehen sind.
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Wir haben jetzt einige Male in 'Touristen-Abfertigungsfabriken' übernachtet und über Mittag oder in den Kaffeepausen touristisch attraktive Ort besucht. Da spürt man die Überlastung (Over-Tourism) der vorhandenen Infrastruktur deutlich und fühlt sich nicht immer willkommen. Alles ist streng organisiert und noch strenger reglementiert. Wir geben uns wirklich Mühe, den gesellschaftlichen Gepflogenheiten der japanischen Bevölkerung nicht auf die Füsse zu treten, aber es gelingt vermutlich nicht immer. Gestern Morgen haben wir an einer malerischen Raststätte Halt gemacht und ich habe Irene beim Kaffeehaus ausgeladen und wollte mir ohne Eile eine Parkfläche auf dem ohnehin voll besetzten Parkplatz suchen. Da kam auch schon der Parkplatzwächter mit hochrotem Kopf angerannt und schrie: No parking, no parking, no parking! Ein anderes Team hatte sein Fahrzeug nicht ganz exakt auf dem nur noch schlecht sichtbar markierten Parkfeld abgestellt und auch da schrie er und gestikulierte wie wild. Das ganze Gelände war vollgepflastert mit Verbotstafeln, einige davon findet ihr weiter unten.
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Ein wenig Verständnis haben wir schon dafür, weil wir erlebt haben, wie sich eine Horde anderer Asiaten (vermutlich Chinesen oder Südkoreaner) manchmal aufführen. Das macht niemandem Freude! Wir müssen akzeptieren, dass wir vor allem für ältere Japaner 'nur' Ausländer sind und die damit verbundene Reserviertheit bis zur Abneigung ist manchmal deutlich spürbar. Selten gibt es Einheimische, die uns ansprechen, ehrlich lächeln und um ein Foto bitten. Die Jüngeren haben da keine Berührungsängste und scheinen die geschriebenen wie ungeschriebenen Regeln je länger je mehr zu ignorieren. Sie trinken und essen auch draussen und halten sich an den Händen.
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Vielleicht lohnt es sich aber auch, ein wenig vor der eigenen Haustüre zu kehren: Wie gehen wir in der Schweiz mit den Japanerinnen und Japanern um, wenn sie in Massen unsere Sehenswürdigkeiten stürmen?
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Verkehrsmässig haben wir uns recht gut eingelebt, aber der Umgang mit den japanischen Fahrzeugführenden ist und bleibt einer Herausforderung! Die gelebte Korrektheit treibt manchmal schon spezielle Blüten: Wir standen kürzlich hinter zwei einheimischen Fahrzeugen an dritter und letzter Position der Reihe an einem Rotlicht und warteten auf Grün. Die Kreuzung war wie häufig komplett leer. Da näherte sich von hinten ein Ambulanzfahrzeug mit Blaulicht und Sirene. Sofort wich ich auf die Seite aus und macht Platz für das Ambulanzfahrzeug. Vor uns geschah nichts, aber rein gar nichts, denn es war ja rot und das vorderste Fahrzeug stand auch schon fast bedrohlich nahe an der weissen Stopplinie. Das Ambulanzfahrzeug blinkte und hornte weiter, aber nichts geschah. Ein Ausweichen auf die Gegenseite war wegen einer Abschrankung nicht möglich. Irgendwann wurde es grün und das vorderste Fahrzeug startete gemächlich, fuhr ca. 2 Meter seitlich vor und wartete auf der leeren Kreuzung. Auch das zweite Fahrzeug setzte sich gemächlich in Bewegung und fuhr gemütlich am ersten Fahrzeug vorbei und darauf folgte das Ambulanzfahrzeug, welches später zum Überholen ansetzte. Wir fuhren nach dem Ambulanzfahrzeug los, überholten das immer noch in der Kreuzung stehende erste Fahrzeug, dessem (älteren) Fahrer die Überforderung dieser Situation buchstäblich ins Gesicht geschrieben war. Gut, waren wir nicht die Patienten im Ambulanzfahrzeug.
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Je mehr wir uns in grossen Ballungsräumen bewegen, umso weniger werden die Geschwindigkeitslimiten beachtet - vor allem auf Autobahnen nicht. Da fahren viele 120 km/h auch wenn immer nur 80 km/h erlaubt wären. Kontrollen haben wir nie gesehen. Nach wie vor darf man ausserorts nur 50 oder 60 km/h fahren - was aber auch hier ziemlich konsequent eingehalten wird - und die orangen durchgezogenen Sicherheitslinien sind allgegenwärtig. So müsste man annehmen, dass Japan bezüglich Verkehr ein besonders sicheres Land sei. Japan hat pro 100'000 Einwohner ungefähr gleich viele Verkehrstote wie die Schweiz - wobei je nach Quelle die Zahlen zu Gunsten der Schweiz stark differieren.
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Vom - aus meiner Sicht - Hygiene- und Verpackungswahn habe ich schon einiges geschrieben. Obwohl es keine öffentliche Abfallbehälter gibt, ist es überall fast ausnahmslos sauber. Nie scheint jemand Abfall einfach wegzuwerfen, alles wird nach Hause genommen und fachgerecht entsorgt. Selbst in den McDonalds entsorgen die Einheimischen den Packungsmüll separat. Andererseits sind sogar die Wattestäbchen in den Hotels einzeln vepackt und viele Lebensmittel sind in bis zu 3 Lagen Verpackung eingeschweisst.
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Ausnahmslos alle Toiletten - auch alle öffentlichen - sind mit Dusch-WC's und mehr oder weniger ausgeklügelten Bedienungsoptionen ausgestattet und auch immer sauber! Das ist wirklich beeindruckend und ich frage mich, was Japanerinnen und Japaner über die aus unserer Sicht so saubere Schweiz denken, wenn sie uns besuchen
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Mein mehr oder weniger abschliessendes und vielleicht etwas anmassendes Fazit über Japan: Es ist grundsätzlich ein faszinierendes Land, vor allem auch bezüglich Natur und Sehenswürdigkeiten. Wir Europäer könnten einiges von Japan lernen, dürfen aber auch froh sein, haben wir eine etwas lockerere Lebenseinstellung und viel mehr Gestaltungsspielraum bei unseren Wünschen und Bedürfnissen. Bekanntlich steht Japan bezüglich der gesellschaftlichen Veränderungen (Überalterung, niedrige Geburtenraten, Fachkräftemangel, wirtschaftliche Stagnation, soziale Isolation, hohe Staatsverschuldung) vor grossen Herausforderungen.
Jede Gesellschaft braucht Regeln und Gesetze, aber eine überbordende Bürokratie und ein permanenter Ausbau von Vorschriften und Gesetzen lässt die Eigeninitative und Selbstverantwortlichkeit der Bürgerinnen und Bürger stetig sinken. Jede Gesellschaft braucht immer wieder ein paar aufmüpfige unkonventionelle Querdenker, welche der schleichenden Wohlstandsverwahrlosung von Zeit zu Zeit zünftig auf den Schlips treten und an der Obrigkeits-Gläubigkeit rütteln .