Carrera España 20. April 2022 - Reise an den Start nach Barcelona

20. April 2022

Um 08:30 Uhr sind Beat und ich ab Niederweningen mit unseren Oldies abgefahren (die Fahrzeuge sind gemeint, unsere Frauen reisen einen Tag später mit dem Flugzeug an). Bei schönem aber kühlem Wetter konnte ich die ganze Strecke bis weit nach Valence offen fahren. Wir kamen gut voran, das Verkehrsaufkommen war moderat (es hingen ja fast alle am Gotthard fest) und unsere Fahrzeuge liefen wie am Schnürchen gezogen. Mit um die 105 bis 100 km/h - was bei meinem Mustang leicht erhöhtes Standgas ist - schwammen wir gut im allgemeinen Verkehrsfluss mit. In den Tunnels um Genf hätten wir die Geschwindigkeit vielleicht doch etwas reduzieren sollen, da es hinter Beat einmal ein Lichtgewitter gab, was beim besten Willen nicht auf ein übliches Wetterleuchten zurückzuführen war.

Nach Valence begann es zu regnen, zuerst nur kurz und wenig, später schüttete es wie aus Kübeln, so dass ich mich doch noch gezwungen sah, das Dach meines Mustangs zu schliessen. Wir kamen nun einiges langsamer voran, denn die Scheibenwischer unserer Fahrzeuge funktionierten zwar einwandfrei, hatten aber Mühe, die teilweise enormen Wassermassen genügend schnell zu verdrängen.

Nach rund 850 km Fahrt fanden wir via Booking.com in Narbonne eine feine, aber aussergewöhnliche Unterkunft. Im Hauptgebäude eines renovierten Weingutes führte ein jungens Ehepaar ein biozertifiziertes b&b-Hotel mit etwa 6 liebevoll eingerichteten Zimmern. Obwohl nahe an der Autobahn gelegen, hatte das Navi Mühe, die Einfahrt zu dieser Unterkunft auf Anhieb korrekt anzuzeigen und auch das eingewachsene, leicht angerostete und verschlossene Eingangstor machte einen wenig einladenden Eindruck. Via ebenfalls gut eingewachsene Gegensprechanlage meldete ich uns an und tatsächlich öffnete sich das Tor lautlos und wie von Geisterhand angetrieben. Wir fuhren auf einem Kiesweg eine kleine Allee entlang und gelangten so zur Unterkunft. Wir wurden herzlich von unserem Gastgeberpaar begrüsst und in alle Eigenheiten des Hotels eingewiesen. Obwohl wir hätten selber kochen dürfen, zogen wir den Pizzaservice vor und genossen dazu ungefähr eine Flasche des hauseigenen Rotweines, welcher gemäss Gastgeber komplett frei von irgendwelchen Sulfitten sei und auch sonst nur Spuren natürlich aufgezogener Regenwürmer und ähnlichen Krabbelwesen enthielt. Bald darauf begaben wir uns in unsere Zimmer und schliefen wohl recht bald ein.

20220420_180831.jpg
20220420_180831.jpg
20220420_180849.jpg
20220420_180849.jpg

 

21. April 2022

In der Tat schlummerten wir ohne diese Sulfitte bestens (hätte aber auch einen Zusammenhang mit der Menge gehabt haben können) und wachten am anderen Morgen ohne jeglichen Brummschädel auf. Es regnete immer noch und so konnten wir leider nur wenige Eindrücke von der wunderschönen Naturumgebung mitnehmen. Das Frühstück war rein vegetarisch, sehr reichhalting und ausgezeichnet. Alles war frisch zubereitet und wir fragten uns, wer denn das alles noch essen sollte, denn wir waren die einzigen Gäste. Kurz nach 09:00 Uhr verliessen wir das gastliche Haus und nahmen bei strömendem Regen die restlichen rund 250 km nach Barcelona unter die Räder.

Gegen Mittag erreichten wir unser Hotel, checkten ein und konnten nach dem Genuss je eines Club-Sandwiches unsere Zimmer beziehen. Das Zimmer von Irene und mir hatte halbwegs und durch Kreuzfahrtschiffe verdeckte Meeressicht, einen gedeckten Balkon und erlaubte uns vor allem eine direkte Sicht auf den derzeit unbenutzten Pool (nur die Möwen badeten darin). Die Wartezeit auf unsere holden Gattinnen überbrückten wir vorsichtshalber schlafend, damit wir genügend Kraft für den ersten Abend tanken konnten. Gegen 16:30 Uhr trafen Babs und Irene ein und wenig später trafen wir auf Beppi und Chris, welche mit ihren Gattinen Heidi und Rita bereits am Vortag angekommen waren. Nach einem Begrüssungsapéro schlenderten wir in ein nahe gelegenes Restaurant, wo wir - gemäss Aussagen der Hoteldirektion - eine der weltbesten Paellas einnehmen konnten. Nun ja, bekanntlich können Beurteilungen ein- und desselben Tatbestandes sehr unterschiedlich ausfallen, was in diesem Fall auch tatsächlich so war. Auf jeden Fall wurden wir satt, der Wein war gut und an die späten Essenszeiten werden wir uns vielleicht auch noch gewöhnen ...

20220421_135408.jpg
20220421_135408.jpg
20220421_211115.jpg
20220421_211115.jpg

 

22. April 2022

Nach dem Frühstück bei strahlendem Wetter bestiegen wir ein Taxi und fuhren in die Altstadt von Barcelona, wo wir die 'Rambla Barcelona' unsicher machten. Beat und ich waren von der langen Anreise noch dermassen geschwächt, dass wir zuerst einmal einen ausgiebigen Bier-Halt in einem sonnigen Strassencafé einlegen mussten wink. Der guten Ordnung halber und weil es immer noch ein wenig Vormittag war, beliessen wir es je bei einem (1) Bier, was sich jedoch nicht nachteilig auswirkte, da die Bier-Gläser in Mass-Grösse serviert wurden. Anschliessend kämpften wir uns in nördlicher Richtung hoch durch die Menschenmassen und bestiegen einen HoppOn-/HoppOff-Bus. Die gefundene Haltestelle war gleichzeitig der Anfangs- wie auch der Endpunkt der Rundfahrt und so konnten wir auf dem Oberdeck gute Sitzeplätze ergattern und freuten uns auf eine gemütliche Rundfahrt.

Leider weit gefehlt bezüglich 'gemütlich'! Unsere Nachbarn zur Rechten waren (vermutlich) Südkoreaner und mit zwei professionell anmutenden Selfie-Sticks bewaffnet. Auf dem einen recht dicken Selfie-Stick war eine Kamera montiert, mit welchem der direkt neben Irene sitzende Koreaner alles filmte. Gleichzeitig versuchte er, auf dem abgegebenen Strassenkärtchen herauszufinden, wo wir gerade waren. Das war ein hoffnungsloses Unterfangen, denn er fand es bis zum Schluss der einstündigen Rundfahrt nicht heraus und hat von der Rundfahrt selber gar nichts mitbekommen. Der arme Kerl wurde aber auch immer wieder gestört, weil an den diversen Haltestellen einige zu- und absteigende Gäste seinen dicken und hohen Selfie-Stick mit einer Haltestange verwechselten und nicht schlecht staunten, als diese plötzlich nachgab. Offenbar führte das immer wieder zu einem angeregten Austausch mir nicht bekannter und dank meiner Kopfhörer auch nicht verständlichen Wortfetzen, die den bereits durch die Sonne angeröteten Kopf des Koreaners zusätzlich zum Leuchten brachten.

Der andere Koreaner sass eine Sitzreihe vor uns und schräg gegenüber. Sein Selfie-Stick war noch dicker als der vorher geschilderte und diverse Bedienungsfunktionen konnten vom zuunterst montierten Pistolengriff ausgelöst werden. Einzig zum Zoomen musste er seinen Stick etwas ein- und wieder ausfahren, was er auch häufig tat und uns dabei jedes Mal vor unseren Gesichtern herumfummelte. Virtuos drehte, schwenkte und positionierte er seine Kamera von neuem und machte von allem Möglichen und Unmöglichen diverse Aufnahmen. Auch er hat vermutlich nichts von der Rundfahrt mitbekommen, da er permanent mit seinem Selfie-Stick und seiner Kamera beschäftigt war. Eine Station vor Ende der Rundfahrt stiegen sie aus und so durften wir wenigstens auf den letzten Kilometern der Fahrt noch erleben, wie es ohne die Koreaner hätte sein können. Die Freude währte nur kurz, da Irene beim Aussteigen noch einen Rucksack einer ebenfalls aussteigenden und sich drehenden Mitfahrerin ins Gesicht gedrückt bekam.

Ansonsten durchlebten wir einen schönen Tag mit viel Sonne und kulinarischen Köstlichkeiten, bevor wir dann an der Hotelbar auf alle anderen uns bekannten und neu hinzugekommenen Gesichter trafen. Zur selben Zeit trafen auch einige Gäste einer Hochzeit ein. Vor allem die jungen und ziemlich aufgetackelten Damen präsentierten ihre teiweise wallenden wie auch teilweise spärlich bestofften Kleider draussen auf der Terrasse. Trotz jetzt etwas kühlerem Wetter harrten die ohne irgenwelches Isolationsmaterial bestückten Brautjungfern tapfer aus, zupften permanent ihre Frisuren zurecht und machten Selfies (ohne Stick!) aus allen erdenklichen Positionen. Es entstand eine angeregte Unterhaltung und als dann einer der wenigen anwesenden jungen Männer (in markanten Hochwasserhosen, der Sprache nach zu schliessen vemutlich ein Engländer) begann, Fotos zu schiessen, warfen sich alle in optimale Pose. Kurz darauf wurden sie hereingerufen und verschwanden im Festsaal.

Als wir zu später Stunde mit dem Lift in unsere Zimmeretage fuhren, trafen wir im Lift auf einen von den Festivitäten sichtlich gezeichneten weiblichen Hochzeitsgast. Dort wo wir einstiegen, wollte sie aussteigen, merkte dann aber doch, dass etwas nicht stimmte. Behutsam lotsten wir sie zurück in den Lift und erklärten ihr, wo sie vermutlich aussteigen wollte. Sie schwankte schon ziemlich in ihren Schuhen, was ich gut verstehen konnte, denn bei dieser Absatzhöhe wären andere bestimmt schon früher hingefallen wink.  

Barcelona-Selfie-Koreaner.JPG
Barcelona-Selfie-Koreaner.JPG
Hochzeit-Barceloana-Brautjungfern.jpg
Hochzeit-Barceloana-Brautjungfern.jpg

23. April 2022

Das Wetter spielte heute leider nicht mit und so konnten wir unser Frühstück nicht mehr auf der sonnigen Terrasse einnehmen. Dafür konnten wir einen Teil der gestrigen Brautjungfern beobachten, wie sie mit ihren jetzigen Nettogesichtern, normalen Kleidern und Schuhen versuchten, am Frühstücksbuffet Gefallen zu finden. Den einen stand die gestrige Nacht noch deutlich und buchstäblich ins Gesicht geschrieben, während andere schon ganz passabel dreinguckten und auch erste verständliche Töne von sich geben konnten. Später im Foyer sass eine weitere dieser Damen ziemlich zerknittert und mit riesiger schwarzer aufgesetzter Sonnenbrille auf dem Sofa und wartete auf bessere Zeiten und ein Taxi. Ach ja, wir waren alle auch einmal jung angel.

Gegen Mittag ging ich zu meinem Mustang um den Ölstand zu prüfen und die letzten Rallye-Vorbereitungen vorzunehmen. Das regnerische Wetter schien keine Spuren hinterlassen zu haben. Es war alles wieder trocken und der Motor sprang wie gewohnt gut an. Der Sunbeam von Beat läuft in tiefen Touren nicht mehr ganz holperfrei und beschleunigt erst ab ca. 2'000 U/min. rund. Vielleicht hat er etwas Wasser erwischt, da er unterwegs den Tankdeckel verloren hatte und wir erst viel später einen Ersatzdeckel auftreiben konnten. Wir haben alle gut zugänglichen Teile auf Wackelkontakte und Feuchtigkeit geprüft, konnten aber keine nachhaltige Besserung feststellen. Beat und Babs werden jetzt einmal die morgige Etappe in Angriff nehmen und schauen, wie sich das Ganze entwickelt.

In Spanien ist heute ein grosser Feiertag (entspricht unserem Valentinstag) und in der Altstadt ist einiges los. Mit einem Taxi liessen wir uns in die Nähe des El Nacional bringen, einer Einkaufshalle mit vielen kleinen Restaurants. Da herrschte ein riesiges Getümmel, welches jeweils bei einsetzendem Platzregen kurzzeitg noch zunahm. Vor vielen Restaurant standen die Leute in der Schlange und warteten auf Einlass. Das Personal schien das nicht gross zu kümmern, denn sie liessen jeweils nur so viele herein, wie sie bedienen konnten, resp. wollten (ganz nach dem Motto: Kunde droht mit Auftrag). So waren denn einige Restaurants nur wenig mehr als halb besetzt, worüber sich aber niemand sichtbar aufregte. Wir ergatterten zu sechst dennoch einen Tisch in einem spärlich besetzten Restaurant ohne nennenswerte Warteschlange. Bald haben wir herausgefunden, dass wir ein ausgespochen 'gesundes' Restaurant erwischt hatten, welches viel Gemüse, Salat und allerlei andere körperschonende Produkte im Angebot hatte. Natürlich gab es bei genauem Hinsehen auch feinen spanischen Schinken und diverse weitere Leckereien, welche die Cholesterin-Pillen produzierende Branche in einen Freudentaumel versetzt hätte. Die spanische Variante des Prosecco - der Cava - liess meine Magenschleimhäute jedoch alles andere als jubeln, was auf einen sehr moderaten Konsum hinauslief.

Der Heimweg gestaltete sich schwierig. Auf Grund der nicht mehr überschaubaren Menschenmassen waren zahlreiche Strassen für den Verkehr gesperrt und das Grossaufgbot der Verkehrspolizei hatte trotz ständigem Trillerpfeiffeneinsatz Mühe, den Verkehrsfluss auf den übrigen Strassen halbwegs unter Kontrolle zu halten. An das Anhalten eines Taxis war nicht zu denken, entweder waren die Vorbeifahrenden alle besetzt oder es fuhren keine vorbei. So machten wir uns zu Fuss auf in Richtung unseres 2.8 km entfernten Hotels in der Hoffung, ausserhalb des Getümmels ein Taxi zu finden. Tatsächlich gelang uns dies keine 20 Minuten später, so dass wir wohlbeahlten im Hotel zu einem späten Schlummertrunk eintrafen. Ich selber habe mich gleich ins Zimmer an ein bestimmtes Örtchen begeben, da der Cava nicht nur meine Magenschleimhäute strapaziert zu haben schien angry

20220423_182342.jpg
20220423_182342.jpg
20220423_184849.jpg
20220423_184849.jpg